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Kapitel 18

Freyas Atemzüge gingen schwer. Ihre blonden Haare waren verklebt mit schwarzem Blut, welches sich den Weg über ihr Gesicht suchte. Schulter an Schulter stand sie mit ihrem Bruder in einem der Gänge und blickte über das Geröll und die zerschmetterten Überreste der Ghuls.

„Fuck", entfuhr es Liam, der seine Waffen immer noch umklammerte, obwohl deren Magazine leer waren.

Fergus' weißes Hemd war zu einem rot-schwarzem Lappen mutiert, sein Jackett an den Schulterpolstern zerfetzt. Ungläubig sah er sich um. „Erinnert mich daran, dass ich diesen Gruppenchat verlasse", murmelte er, verzog angewidert das Gesicht und schüttelte seine Hand, um die daran klebenden Hautfetzen eines Ghuls loszuwerden.

„Wir müssen dringend was gegen Schildmaid unternehmen, das kann so nicht weitergehen", knurrte Jason, der seine Waffe wieder in das Holster steckte und einen flüchtigen Blick zu Dandelia warf. In ihrem Gesicht lag nichts als abgrundtiefe Trauer und auch wenn Jason kaum Berührungspunkte mit Iskaii gehabt hatte, vernahm er ebenfalls einen sanften Stich des Schmerzes in der Brust.

Freya hielt ihre Klingen immer noch schützend vor ihrer Brust. Sie traute der anhaltenden Stille nicht und nachdem der staubige Nebel sich gelegt hatte, fokussierte sie ihre Umgebung. Plötzlich spannte sie sich an. Ein Schauer schlich ihr wie eine kalte Hand übers Rückgrat. „Spürt ihr das?", fragte sie flüsternd und suchte dabei den Blick ihres Bruders.

Ein Vibrieren schwang durch die Steinmauern. Erst sanft und kaum wahrnehmbar. Doch mit jedem Atemzug nahm es an Intensität zu. Die Gruppen wechselten unsichere Blicke aus, als aus dem Vibrieren ein Beben wurde, welches eine eisige Kälte in die Gänge trieb. Panik ergriff die Shieldzwillinge, als die Erkenntnis sie traf.

„RAUS!", brüllte Liam fordernd und im selben Moment sprintete er los. Sein Ton ließ keinen Raum für weitere Fragen. Beide Gruppen setzten sich in Bewegung und rasten durch den dunklen Gang, der stetig anstieg.

Freyas Puls tobte. Angst schoss durch ihre Venen, doch es war nicht die Angst vor der einstürzenden Krypta und auch nicht das Entsetzen, dass ihre Schöpfer all dies zuließen. Es war einzig das Wissen darum, dass sich etwas viel Gefährlicheres als beschissene Ghuls in diesen Mauern befand.

Die Lungen der Flüchtenden brannten, doch keiner von ihnen dachte auch nur daran, innezuhalten. Die nackte Angst trieb sie zu Höchstleistungen, auch wenn die Grollen mit jedem Schritt, den sie der Oberfläche näherkamen, lauter wurde. Fergus war der Erste, der den Vorraum der Krypta erreichte, er rutschte über den nassen Steinboden ins Freie der Nacht und stoppte schlagartig.

Der Wind peitschte über den Friedhof, riss an den Ästen der Bäume und ließ diese aufschreien. Das Himmelszelt war von dunklen Wolken verhangen, die in einem unnatürlichen Lila schimmerten. Weiß glühende Blitze erstreckten sich durch die Wolkendecke und hinterließen ein leises Surren, bevor ein dumpfes Dröhnen folgte. Der Donner war so intensiv, dass er bis in sein Mark drang. Der Sturm brodelte über das Gelände und prasselnder Regen schlug unbarmherzig auf den kalten Boden ein. Tote Blätter wirbelten wie Geschosse durch die Luft und schienen Vorboten einer Apokalypse zu sein.

Das kalte Wasser des Regens drang unerbittlich durch den dünnen Stoff seines Hemdes, während er ehrfürchtig den Blick in den Himmel hob. „Was ist das?", wisperte er, doch schon packte ihn eine Hand und zerrte ihn mit.

„Richtig beschissene Scheiße", grollte Freya, die nicht innegehalten hatte und Fergus unachtsam mitschliff.

„WIR MÜSSEN HINTER DIE MAUER. SUCHT DORT SCHUTZ!", schrie Freya gegen den tosenden Lärm des Sturm an. Die Regentropfen trieben sich schmerzhaft gegen ihre Haut und fühlten sich an wie tausend Nadelspitzen, die ihr Fleisch aufspießten. Die Feuchtigkeit drang durch ihre Kleider und setzte sich schwer in diesen fest.

Sie spürte die fragenden Blicke in ihrem Nacken, doch es gab keine Zeit für Erklärungen. Jetzt ging es wirklich ums nackte Überleben.

Kurz zuvor:

Iskaiis Herz raste, als sich seine Pupillen für den Bruchteil einer Sekunde weiteten. Er versuchte, die Bedeutung der geschrienen Worte zu erfassen, die wie verzerrte Echos durch die stickige Luft der Krypta hallten. Der drohende Tonfall der Stimmen ließ keinen Zweifel zu: Ihr aller Leben hing an einem seidenen Faden.

Das Entsetzen, das in ihm aufstieg, war wie eine kalte Hand, die sich um sein Herz schloss. Mit dem nächsten Schritt begannen die Umrisse der Gestalten vor ihm zu verschwimmen, als hätte die Dunkelheit, die die Krypta durchdrang, plötzlich Gestalt angenommen und sich wie ein dichter Schleier zwischen ihn und die Gruppe gelegt.

Plötzlich durchzuckte ein markerschütterndes Beben den Boden unter seinen Füßen. Es war, als ob die alten Steine, die diese heilige Stätte seit Jahrhunderten getragen hatten, sich unter der Last der Zeit und der Dunkelheit, die in ihnen lauerte, nun endgültig ergaben. Der donnernde Klang von brechendem Gestein erfüllte den Raum, widerhallend zwischen den hohen Wänden und den verborgenen Gewölben. Iskaiis Ohren schmerzten von dem dröhnenden Lärm, der ihn umfing.

Hektisch setzte er sich in Bewegung, während er den fallenden Gesteinsbrocken auszuweichen versuchte, die um ihn herum herabstürzten wie ein tödlicher Regen. Jeder Herzschlag pochte in seinen Ohren, jeder Atemzug war ein keuchendes Ringen.

Dann ertönte ein tiefes, bedrohliches Grollen direkt über ihm, so laut, dass es die Luft erzittern ließ. Es war ein Klang, der alles andere übertönte und sein Blut in den Adern gefrieren ließ. Reflexartig riss er die Arme hoch, versuchte sich zu schützen, als er den Blick nach oben hob. Was er sah, ließ die Zeit stillstehen: Eine massive Steinplatte, so groß wie die Decke selbst, löste sich von oben und stürzte mit verheerender Geschwindigkeit auf ihn zu. Sekunden dehnten sich zu einer Ewigkeit, während die Schwerkraft ihr unbarmherziges Urteil fällte. Der Anblick dieser unaufhaltsamen Gewalt, die in ihrem Fall alles unter sich begraben würde, ließ jeden anderen Gedanken in ihm verstummen.

Eine bittere Kälte erfasste seine Füße, hielt ihn an Ort und Stelle gefesselt und brachte ihm das Wissen über seinen kommenden Tod, doch plötzlich... verlangsamte sich die Fallbewegung. Kleine Steinfragmente wirbelten um ihre eigene Achse und schwebten in der Luft. Im sanften Schein der letzten Fackel, die noch brannte, sah er etwas Grünes schimmern.

„War wohl die falsche Richtung, die du eingeschlagen hast", dröhnte die raue, emotionslose Stimme von Skàdi durch den beinahe zerstörten Gang. Iskaii blickte in ihre Richtung, immer noch bewegungsunfähig. Schwarze Nebelschwarten umgaben sie und krochen wie hungrige Schlagen über den Boden. Ihre Augen wieder erfüllt mit sichelförmigen Iriden. Um ihre Hände tanzten blau-weiße Lichtpunkte. Dicht an ihr Bein gepresst, folgte der tollwütige Narcos, in dessen gesamten Antlitz sich Wahnsinn spiegelte. Skàdi trat dicht an den Krieger heran und die schwarzen Schatten legten sich langsam um seinen Leib, umschlungen ihn und bildeten eine Art Schutzwall, in dem er nun mit der Grünhaarigen und dem tosenden Hund gefangen stand. Ihre Hände zitterten leicht und ihre Lippen waren zu einer dünnen Linie gepresst.

„Versuch nicht zu flüchten", grollte sie und zeitgleich verließ dem Krieger das Gefühl der Gefangenschaft.

Irritiert starrte er auf die aufsteigenden Lichtpunkte, die anschwollen und sich in einem wilden Tanz durch die schwarzen Schatten begaben. Ein kaltes Lächeln bildete sich auf ihren Lippen, während sie den Kopf leicht neigte und den Krieger ansah. „Sie haben mich gerufen, um ihre Ärsche zu retten, und als Dank lassen sie mich hier zurück. Dafür werden sie bezahlen", und kaum, dass diese Worte gesprochen waren, spürte der Krieger, wie sich die Energie um sie begann, zusammenzuziehen.

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