Autorin-CCK-Schildmaid
AutorenLeben
Kapitel 17
„Ich wiederhole mich ungern, aber es war wohl die dümmste Idee aller Zeiten, in einer uralten Krypta mit Granaten um sich zu werfen, als wären es verfickte Bonbons. Allein die Statik ..."
Freya blendete Fergus Geschwafel aus und stolperte zurück, als der Boden erneut erzitterte und sie gegen die Steinwand prallte. Sie hatte das Gefühl, dass zwischen ihrer Flucht und der Ankunft in diesem Raum Stunden lagen – doch es waren nur Minuten. Nachdem sie die Aufmerksamkeit der Ghuls auf sich gelenkt hatten, waren sie blind durch die verworrenen Gänge der Krypta gerannt. Sie achteten nicht mehr darauf, wie oft sie abbogen oder wie viel Lärm sie dabei machten, denn sie konnten gegen diese geballte Masse an Monstern nicht gewinnen. Denn auch wenn Freya es nicht gern tat, aber sie musste Jason Recht geben. Sie hatten nicht genug Schusskraft und auch die Handvoll Klingen konnten nicht hunderte von diesen Höllenwesen aufhalten. Und als sie erneut um eine Ecke bogen, breitete sich ein kreisrundes Gewölbe vor ihnen aus. Freya hielt schlagartig inne, was Liam in ihr Kreuz krachen ließ.
„Was zur...?", weiter kam er nicht, denn auch sein Verstand brauchte einen Moment, um das makaber Bild vor seinen Augen zu begreifen. Weitere sieben Durchgänge taten sich in regelmäßigen Abständen auf, dazwischen gestapelte Schädel. Menschliche Schädel. Einige trugen noch blutige Fleischfetzen. Andere schienen schon Jahre hier zu ruhen.
„Das beantwortet wohl die Frage: Wo die Köpfe abgeblieben sind?", raunte Liam und trat neben seine Schwester.
„Hm, sieht ganz danach aus."
Das Fauchen hinter ihnen verstummte schlagartig, dafür drangen aus allen weiteren Durchgängen grollende Geräusche.
„Ich nehme an, diesmal führen nicht alle Wege nach Rom", keuchte Jason, der mit Fergus neben die Zwillinge trat.
„Es wäre ein Wunder, wenn einer davon in diese Richtung führen würde", erwiderte Fergus.
Alle vier sahen sich in dem halbdunklen Gewölbe um. Immer noch waren es nur Fackeln, die etwas Licht spendeten.
„Wir sind gefickt, oder?", fragte Fergus mit verzogenem Mund.
Freya warf ihm einen zustimmenden Blick zu, drehte ihre Klingen durch die Hände und brachte sie schützend vor ihre Brust. „Machen wir das Beste daraus."
Aus den dunklen Gängen hallten kratzende Geräusche, durchzogen von erbärmlichen Fauchen. Jason kontrollierte seine Pistole und drehte sich zu dem Durchgang, welcher zu seiner Rechten lag. Im Augenwinkel sah er, wie Fergus den Kragen seines weißen Hemdes richtete und dann etwas unter seinem Jackett hervorzog. Jason klappte der Mund auf und er vergaß für einen Moment die Gefährlichkeit der Situation. Ungläubig starrte er auf das seilähnliche Gebilde, welches nun in Fergus Hand ruhte. Ein bronzefarbener Schlagring ummantelte seine Finger, daran hing ein aufwendig geflochtenes, schwarzes Seil, zwischen dessen einzelnen Bändern bronzefarbene Spitzen funkelten und an dessen losen Enden eindeutig Rasierklingen hingen.
„Bei den Göttern. Was ist das?", entfuhr es Jason und zog damit Fergus' Aufmerksamkeit auf sich. Dieser drehte sich mit einem breiten Grinsen herum und wirbelte das Seil um sich. Zischende Geräusche, die klangen, als würden sie die Luft zerfetzen, hallten durch das Gewölbe.
„Ein speziell angefertigtes Getback Wip", erklärte dieser, als würde jeder eins dieser Teile am Körper tragen.
Jason schüttelte den Kopf und wackelte mit seiner Waffe. „Das war wohl zu einfach?"
Fergus lachte auf. „Ich mag es ... andersartig."
Jasons Brauen wölbten sich bis zum Haaransatz. „Was du nicht sagst", murrte er und schüttelte fassungslos den Kopf. Wenn er bis eben dachte, die Shields hatten schon nicht alle Schrauben beieinander, wurde er soeben eines Besseren belehrt.
Doch ehe Fergus etwas antworten konnte, blitzten die ersten gelben Augen in dem Durchgang neben ihnen auf und zeitgleich hallte eine weibliche Stimme aus einem weiteren. „Runter!" Und schon zerriss eine Granate die erste Welle Ghuls und zerfetzte sie in tausend blutige Fragmente.
Die Krypta erzitterte, als Samantha eine Handgranate durch die Luft schleuderte. Ein ohrenbetäubender Knall hallte durch die engen Gänge und der Boden unter ihren Füßen bebte. Steinsplitter und Staub regneten von der Decke, während ein Dutzend Ghuls in einem gleißenden Feuerball zu Asche verbrannten. Der Druck der Explosion ließ die Rothaarige kurz taumeln, doch sie fing sich schnell wieder und riss ihre Handfeuerwaffe hoch.
„Verdammt, Sam!", brüllte Dean über den Lärm hinweg und streckte einen Ghul mit einer gezielten Salve in den Kopf nieder. „Versuchst du uns hier zu begraben?"
„Entspann dich, Dean!", schrie Samantha zurück und feuerte weiter auf die heranstürmenden Ghuls. „Wir sind hier raus, bevor dieses verfluchte Ding einstürzt!" Sie feuerte einen weiteren Schuss ab, der einen Ghul direkt zwischen die gelben Augen traf. Die Kreatur taumelte zurück und riss zwei seiner Artgenossen mit sich.
Dandelia kämpfte inmitten des Chaos, ihr Schwert ein tödlicher Wirbel aus Stahl und Blut. Mit jedem Hieb durchtrennte sie Knochen und Sehnen, und die Ghuls stürzten kreischend zu Boden. Ihre Bewegungen waren fließend und präzise, als würde sie einen grausamen Tanz aufführen.
„Iskaii ist noch irgendwo da unten!"
Ein Ghul stürzte sich auf sie. Seine Krallen schrammten über die Steinplatten, Funken sprühten auf. Dandelia duckte sich im letzten Moment, drehte sich blitzschnell und rammte dem Ungeheuer ihr Schwert in den Bauch. Mit einem Knurren zog sie die Klinge wieder heraus und trat dem Monster gegen die Brust, sodass es rücklings in die heranströmende Horde stürzte.
"Du sagtest, er kommt zurecht", bemerkte Dean, zog eine Granate von seinem Rucksack, riss den Splint heraus und schleuderte sie in die Tiefe des Ganges. „Deckung!", rief er und warf sich hinter eine umgestürzte Steinsäule warf. Samantha und Dandelia folgten seinem Beispiel, und auch die Gruppe um Freya, die weiter hinter ihnen stand, suchte Schutz - kaum einen Augenblick, bevor die Granate explodierte.
Die Druckwelle ließ die Krypta erneut erbeben und ein Teil der Decke stürzte krachend ein. Steine und Schutt fielen herab und begruben eine ganze Gruppe von Ghuls unter sich. Wer nicht sofort zerquetscht wurde, stöhnte und schleppte sich mit gebrochenen Gliedern durch den Dreck.
"Verdammt, Iskaii ist da unten!", rief Dandelia erneut und erhob sich aus ihrer Deckung. "Er kommt mit den Ghuls zurecht, nicht damit, dass er unter den Steinplatten einer alten Krypta verschüttet wird."
„Wir haben keine Wahl, Dandelia", rief Samantha und sprang ebenfalls auf. „Entweder sterben wir, oder wir riskieren seinen Tod!" Sie schoss auf einen Ghul, der sich noch regte, und schüttelte den Kopf. „Wie viele von denen gibt es hier eigentlich?"
„Offensichtlich mehr als genug", knurrte Dean.
„Wir wissen nicht, welche Auswirkungen es auf meine Welt hat, wenn Iskaii in dieser hier stirbt", warf Dandelia ein.
Ein neuer Schwarm Ghuls strömte aus einem Seitengang. Ihre Augen glühten im Zwielicht und ihre Zähne blitzten, als sie sich knurrend auf die Kämpfer stürzten.
"Sorry, Schätzchen", sagte Samantha, und obwohl ihre Stimme kalt klang, lag Mitgefühl in ihren grünen Augen. "Wir werden das Risiko tragen müssen. Sechs Leben ..." Sie warf einen Blick über die Schulter und erspähte einen Fremden, der inmitten von Freyas Gruppe stand. "Sieben Leben", korrigierte sie, "gegen eines. Es tut mir ehrlich leid um deinen seltsamen Freund, aber ich bin sicher, er würde es verstehen."
Samantha wandte ihren Blick von Dandelia zur bröckelnden Decke und dann zu Dean. „Wie viele Granaten haben wir noch?"
„Zwei", antwortete er, und seine braunen Augen huschten zu der Kriegerin, in deren eisblauen Augen Tränen glitzerten. Er war nicht gefühlskalt, aber in diesem Moment gewann der Cop in ihm die Oberhand und das Wissen, dass es keinen anderen Ausweg gab.
„Lass uns das hier beenden", raunte er und zog eine der beiden letzten Granaten.
Er zog den Splint, hielt die Granate einen Moment in der Hand und warf sie dann in die Richtung, aus der die Ghuls kamen. Die Explosion zerriss die Stille und die Decke über ihnen brach endgültig ein. Mit einem letzten, ohrenbetäubenden Krachen stürzten Tonnen von Steinen herab und begruben die verbliebenen Ghuls unter sich.
Die Luft war erfüllt von Staub und dem Gestank von Tod und Verwesung. Samantha und Dean standen keuchend zwischen den Trümmern, die Waffen noch in den Händen. Es herrschte eine unheimliche Stille, in der das leise Weinen von Dandelia übermäßig laut klang.
„Ich glaube, das war's", wisperte Samantha und ließ ihre Waffe sinken.
Dean sah sich um, schob die Pistole in sein Waffenholster, wischte sich den Schweiß von der Stirn und ging auf die Kriegerin mit den hellen Haaren zu. Fest zog er sie in eine tröstende Umarmung, in der sich Blut, Sekrete und anderer Unrat, der an ihnen haftete, vermischte.
"Es tut mir aufrichtig Leid, Dandelia."
Sie schluchzte und verlor sich für einen Atemzug in der Wärme des Mannes, der ihr eigentlich Fremd war. Dann löste sie sich, wischte sich mit dem schmutzigen Handrücken die Tränen von der Wange und straffte die Schultern.
"Lasst uns endlich von hier verschwinden."